Markus Bickel
Der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich übernimmt im März 2024 die Leitung des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York – ein gutes halbes Jahr vor der Präsidentenwahl in den USA. „Die Republikanische Partei in den USA erkennt Wahlergebnisse und eine unabhängige Justiz nur noch an, wenn es ihr nützt“, sagte Liebich gegenüber Table.Media. „Diese Trumpisierung bringt die Demokratie in existentielle Gefahr.“
Liebich war nach drei Legislaturperioden als direkt gewählter Abgeordneter bei der Bundestagswahl im September 2021 nicht mehr angetreten. Mit seinen prowestlichen Positionen war er innerhalb der Linkspartei immer wieder angeeckt – unter anderem wegen seiner Mitgliedschaft in der transatlantischen Atlantik-Brücke. „Ich möchte von New York aus informieren und damit dazu beitragen, dass unser Land seine falsche Neutralität beendet und Haltung zeigt “, so Liebich. „Die Mehrheit der US-Demokraten will mit einer Politik, die wieder für die einfachen Leute liefert, den Rechtsruck des Landes beenden. Wie dieses Ringen ausgeht, hat auch für Deutschland Konsequenzen.“
Der 1972 in Wismar geborene Liebich war über viele Jahre Obmann der Linken-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss; die Unterstützung des für Außenpolitik zuständigen Arbeitskreises IV der Bundestagsfraktion jedoch genoss er nie. Dieser wird vom autokratischen, antiwestlichen Flügel um die Sprecherin für Abrüstungspolitik, Sevim Dagdelen, dem verteidigungspolitischen Sprecher, Ali Al-Dailami, und dem Sprecher für Europapolitik, Andrej Hunko, dominiert. Gemeinsam haben sie die Fraktion in den vergangenen Jahren außenpolitisch auf einen Russland-freundlichen Kurs gebracht; auch Nähe zu den autoritären Regimen in China und Venezuela zählt zur politischen DNA der SED-Nachfolgepartei.
Liebich konnte sich mit seinem Gegenkurs zu den regressiv-autoritären Kräften nicht durchsetzen; auch sein außenpolitisch vielleicht wichtigster in der Fraktion verbliebener Verbündeter, der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte, hat angekündigt, 2025 nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Liebich war es 2009 zum ersten Mal gelungen, den Bundestagswahlkreis Berlin-Pankow gegen den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse von der SPD zu gewinnen. Auch 2013 und 2017 zog er hier mit Direktmandat in den Bundestag ein. Von 1995 bis 2009 war Liebich Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin.